Hüpf doch mal!

Von Achim Manthey

In der Ausstellung „Facets and Faces“ zeigt die Münchner Galerie °Clair eine Auswahl der herrlich heiteren Arbeiten des großen Porträt- und Modefotografen Philippe Halsman. Das braucht man in Zeiten wie diesen. 

Ob Majestät in der kurzen Zeit seiner Regentschaft jemals Luftsprünge vollführt hat? Wir wissen es nicht. Als Eduard VIII. war der Prince of Wales im Januar 1936 zum britischen König gekrönt worden, dankte aber schon im Dezember des gleichen Jahres der Liebe zu der zwei Mal geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson wegen ab, die er am 3. Juni 1937 heiratete. Und nun, wir schreiben das Jahr 1956, waren die beiden als Duke und Duchess of Windsor vor die Kamera des damals schon berühmten Fotografen Philippe Halsman geraten – und hüpften fröhlich, wenngleich ein wenig steif in die Luft. Ordentlich hatte der Herzog seine Schuhe zuvor unter einem Schemel platziert, während ihre Pumps – die Amerikaner galten damals als lässiger – im Raum herumliegen.

Philippe Halsman zählt zu den bedeutendsten Porträt- und Modefotografen des 20. Jahrhunderts. Und er war fraglos einer der heitersten und witzigsten Vertreter seiner Zunft. Er wird am 2. Mai 1906 im lettischen Riga geboren. In Dresden studiert er Elektrotechnik und arbeitet nebenher als Fotograf für den Ullstein Verlag. Während eines Urlaubs in Tirol im September 1928 stirbt sein Vater unter bis heute nicht geklärten Umständen in den Zillertaler Alpen. Halsman gerät unter Mordverdacht und wird in Innsbruck von einem Geschworenengericht zu zehn Jahren, in dem sich anschließenden Berufungsverfahren zu vier Jahren Kerkerhaft verurteilt. Durch den Einsatz zahlreicher bekannter Persönlichkeiten, darunter Thomas Mann, Albert Einstein und Erich Fromm wird er 1930 begnadigt und zugleich aus Österreich ausgewiesen.

Er geht nach Paris und eröffnet 1931 ein Fotostudio. Bald wird er als Porträt- und Modefotograf bekannt. 1936 heiratet er die Fotografin Yvonne Moser. „Ich rate häufig jungen Fotografen, ihre Konkurrenz zu heiraten, das ist das beste Mittel, um sie zu neutralisieren“, kommentiert er das Ereignis lakonisch. 1940 übersiedelt er in die USA, wo er als Pressefotograf zu arbeiten beginnt und so erfolgreich wird, dass er alsbald beim Reportagemagazin Life fest angestellt wird, für das er jahrzehntelang arbeitete. Allein 103 Titelbilder der Zeitschrift wurden mit seinen Arbeiten versehen. Philippe Halsman stirbt am 25. Juni 1979 kurz nach seinem 73. Geburtstag in New York.

Legendär wird seine Zusammenarbeit mit Salvador Dalí, den er schon in Paris kennengelernt hatte und mit dem ihn eine mehr als 30-jährige Freundschaft verband. Das surrealistische Moment ist in zahlreichen Fotografien Halsmans unverkennbar. Eine der berühmtesten Aufnahmen ist die – in der Ausstellung nicht gezeigte -, um 1948 entstandene Fotografie Dalí Atomicus, eine Bildhaftmachung des inszenierten Chaos. Bekannt werden auch die Porträts von Fernandel, Alfred Hitchcock – hiervon sind einige Aufnahmen in der Schau gezeigt, darunter die sinnige, 1962 bei den Dreharbeiten zu dem Film „Die Vögel“ entstandene mit Tippi Herden mit einem Raben, währen der Regisseur an einem Tisch sitzt und ein Brathuhn verzehrt – und, nun ja, Richard Nixon.

Und Anfang der 1950er Jahre entwickelte der Künstler seine Jump Pictures, auf denen er, dem auch der eigene Spaß an der Arbeit ganz wichtig war, Personen des öffentlichen Lebens wie Schauspieler, Künstler oder Politiker zu Luftsprüngen animierte und sie im Moment des Sprunges ablichtete. Die Ausstellung zeigt den dynamisch hüpfenden Wiliam Holden, Dalí ganz explosiv, einen tänzerisch springenden Edward Steichen oder die elegante Eartha Kitt und eine fröhliche Brigitte Bardot. Und bei Marilyn Monroe ließes sich Halsman nicht nehmen, mitzuspringen.

Es ist eine wunderbare, sehr heitere, lustige Schau. „Braucht man in diesen Zeiten“, meinte die Galeristin Anna Patricia Kahn bei der Vernissage.

Bis zum 31. Januar 2017 in der Galerie °Clair, Franz-Joseph-Straße 10 in München, Mo. bis Fr. nur nach telefonischer Vereinbarung, Tel. 089 38 66 743.

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